regGEM:digital
Wann ist eine digitale Plattform eigentlich nachhaltig?
Menschen vernetzen, Lebensmittel bestellen oder individuelle Mobilitätslösungen – all dies ist heute über digitale Plattformen möglich. Einige sehen hierin eine Chance für nachhaltige Geschäftsmodelle, mehr Umweltschutz und Inklusion. Doch welche Aspekte sind im Kontext der Nachhaltigkeit eigentlich zu betrachten? Und welche Rolle spielt dabei die Regionalität? Das könnt ihr im Folgenden erfahren.
Ernährung
Geschäftsmodelle digitaler Ernährungsplattformen
Im Folgenden sind unterschiedliche Geschäftsmodelle von Ernährungsplattformen dargestellt. Einige Plattformen stellen auch eine Zwischenform dar und vereinen beispielsweise Onlineshop und Abo-Angebote.
Biokisten gab es bereits analog. Einige Plattformen bieten nun die Möglichkeit, Gemüse- und Obstkisten oder auch Kochboxen online auszuwählen und zu bestellen. Anders als im Onlineshop, erfolgen die Lieferungen regelmäßig – zum Beispiel im Zweiwochentakt.
Abo-Modell
Vergleichbar anderer Produkte, können hier Lebensmittel im Internet bestellt und bezahlt werden. Diese werden anschließend nach Hause geliefert – per Kühllaster oder per Paket. Der Vorteil liegt vor allem im Komfort, von zuhause aus Lebensmittel bestellen zu können.
Onlineshop
Andere Geschäftsmodelle
Manche Plattformen lassen sich keinem der anderen Geschäftsmodelle zuordnen. Die Plattform IPGarten etwa lässt Nutzer:innen vom Sofa aus Gemüse anbauen. Aussaat und Ernte erfolgen durch lokale Bauern und Bäuerinnen, die Erntekisten werden abgeholt oder nach Hause geliefert.
Produzenten-Konsumenten-Interaktion
Diese Plattformen setzen sich zum Ziel, Erzeuger:innen und Verbraucher:innen zusammenzubringen. Sie bündeln die Produkte verschiedener Anbieter und überlassen ihnen zudem, welche Produkte sie zum Verkauf stellen und zu welchem Preis.
Regionalität
Regionalität digitaler Ernährungsplattformen
Betrachtet man den Faktor Regionalität, lassen sich bei Ernährungsplattformen drei Dimensionen unterscheiden: wo sitzt der Plattformbetreiber? Wo kommen die Produkte her? Wohin werden sie geliefert?
Ökodorf Brodowin
Marktschwärmer
Querfeld
Markta
Großbetriebe auf dem Vormarsch
Der Wandel in der Landwirtschaft hin zu großen Betrieben zeigt sich am Beispiel der Schweinehaltung besonders deutlich. Digitale Plattformen können gezielt auf regionale Produkte aus Klein(st)betrieben setzen und so dem Höfesterben begegnen.
Im Jahr 2010 gab es in Deutschland noch 4 200 Höfe mit Beständen unter 100 Schweinen.
Knapp neun Jahre später waren es nur noch 1 700 – ein Minus von 60 %. Quelle: Statistisches Bundesamt
Nachhaltigkeitseffekte
Der Weg zu 100% Nachhaltigkeit
Digitale Ernährungsplattformen können verschiedene positive und negative Effekte haben. Die wichtigsten Hebel für mehr Nachhaltigkeit sind hier zu sehen.
Zusätzlicher Absatzweg
Planungssicherheit
Flexible Preisgestaltung
Wirtschaftliche Effekte
Lebensmittelabfälle
Biologische Lebensmittel
Logistik
Verpackung
Ökologische Effekte
Vernetzen
Zugang zu Lebensmitteln
Gesunde Ernährung
Soziale Effekte
Regionalität und Nachhaltigkeit
Diese Effekte hat Regionalität
Wenn Plattformen auf regionale Produkte setzen, hat dies gleich mehrere positive Effekte.
Vernetzen innerhalb der Region
Förderung der lokalen Landwirtschaft
Kürzere Transportwege
Weitere Effekte regionaler Plattformen
Plattformen mit regionaler Ausrichtung setzen zudem häufig auf faire Preise, ökologische Produkte oder auch “krummes” Obst und Gemüse. Sie schaffen damit einen zusätzlichen Mehrwert.
Regionalität und Skalierbarkeit stehen zudem in keinem Widerspruch! Dezentrale Geschäftsmodelle sind die Lösung.
Mobilität
Überblick zu untersuchten Plattformen
Digitale Mobilitätsplattformen sind im Prinzip virtuelle Marktplätze, auf denen Mobilitätsanbieter ihren Service einfach für verschiedene Nutzer:innen bereitstellen. Über die Plattform können Mobilitätsangebote mit unterschiedlichen Nutzerbedarfen gematched werden.
Ähnlich wie beim Rufbus wird eine Fahrt bedarfsorientiert über eine App gebucht.
Verfügbare Räder werden in der App angezeigt und über diese gebucht sowie gezahlt.
Die Angebote des ÖPNVs können über eine App gebucht und bezahlt werden.
Die Position sowie der Akku- oder Ladezustand werden in der App angezeigt.
Neue Angebote können eine Alternative zum motorisierten Individualverkehr bieten.
Eine App zeigt den Standort des Fahrzeugs, der Ladesäulen und entsprechende Parkplätze.
Regionalität
Beispiele für digitale Mobilitätsplattformen
Digitale Mobilitätsplattformen können sich hinsichtlich der regionalen Einbettung stark unterscheiden. Besonders das Operationsgebiet spielt dabei eine entscheidende Rolle, wie die folgenden Beispiele verdeutlichen.
Lokal
Regional
Überregional
Eine Fahrt im herkömmlichen PKW verursacht 147gr schädlicher Treibhausgase (CO2, CH4 und N2O) pro Personenkilometer.
Öffentliche Verkehrsmittel wie Straßen-, Stadt- und U-Bahnen erzeugen hingegen nur 58gr / Personenkilometer. Quelle: Umweltbundesamt
Nachhaltigkeitseffekte
Positive Effekte der nachhaltigen Mobilität
Ob eine Plattform wirklich nachhaltig ist, lässt sich beispielsweise dadurch bestimmen, inwieweit die soziale, ökologische oder ökonomische Nachhaltigkeit positiv beeinflusst wird. Wie solcher positiven Effekte digitaler Mobilitätsplattformen genau aussehen, ist hier dargestellt.
Ökologisches Bewusstsein
Emissionsarme Antriebsformen
Senkung der PKW-Fahrten
Ökologisch
Absatzsteigerung
Zielgruppenerweiterung
Ökonomisch
Gemeinschaftssinn
Mobilität für alle
Angebotserweiterung
Sozial
Rahmenbedingungen
Der Weg zu mehr Nachhaltigkeit
Wie schaffen es die Plattformen wirklich nachhaltig zu sein und Nachhaltigkeitseffekte zu erzielen? Im Folgenden sind die Stärken der Plattformen beschrieben.
Angebotsverbesserung
Hohe Bedürfnisorientierung, enge Zusammenarbeit mit den lokalen Stakeholdern vor Ort
Skalierbarkeit und Mobilität über regionale Grenzen hinweg
Soziale Integration
Fokus liegt auf der Integration sämtlicher Bevölkerungsschichten
Fokus liegt auf der Schaffung eines Angebots für einen hohen Bevölkerungsanteil
Anbieterauswahl
Fokus liegt auf der Förderung lokaler Anbieter und Startups
Fokus liegt auf der Integration großer, (inter)national operierender Anbieter
Ökologisches Bewusstsein
Lokalspezifisches Marketing und Incentivierung / Gamification
Überregionales Marketing, überregionale Sichtbarkeit, Incentivierung / Gamification
Nachh. Antriebskonzepte
Idealistische Haltung: So wenig Emissionen wie möglich und Förderung alternativer Antriebe
Realistische Haltung: So wenig Emissionen wie möglich bei Maximierung von Skaleneffekten
Ausblick
Was haben Ernährung & Mobilität gemeinsam?
Je regionaler die Ausrichtung einer digitalen Plattform, desto stärker sind auch die Nachhaltigkeitseffekte. Das regionale Netzwerk und die starke Bedürfnisorientierung an den regionalen Begebenheiten sind dabei zentrale Treiber. Das bedeutet, dass die regionale Einbettung von Plattformen notwendig ist. Genau dafür sind die Akteure vor Ort gefragt – von der öffentlichen Hand, dem Biobauern bis hin zum Mobilitätsanbieter – um gemeinsam eine nachhaltige Zukunft zu gestalten.
Das Projekt
regGEM:digital
Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert und läuft bis Ende März 2021. Das Projektkonsortium besteht dabei aus dem Öko-Institut, dem Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) und dem Institut für Arbeitswissenschaft und Technologiemanagement der Universität Stuttgart (IAT).